Thema im April 2024

Kunst kommt von Können

„Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“ – 
ist das Bibelwort, das uns durch das ganze Jahr 2024 begleitet. „Liebe“ ist in der deutschen Sprache ein Wort, in dem sich vieles versammelt, wofür andere Sprachen genauer unterscheiden: 
Éros – bezeichnet die sinnlich-erotische Liebe, das Begehren des geliebten Objekts, den Wunsch nach Geliebt-Werden, die Leidenschaft. Eros - wo man selber schwach wird, weil einen die Faszination des anderen zu stark reizt.
Philia – bezeichnet die freundschaftliche Verbundenheit, die gegenseitige Anerken-nung, das einander Verstehen und die interessierte Freude an etwas wie bei der Phil-Harmonie oder der Philo-Sophie.
Agape – bezeichnet die selbstlose und fördernde Liebe, die Nächstenliebe, die das Wohlergehen des Anderen im Blick hat. Agape - die selber standhalten kann und beiträgt, was hilft, auch wo der ande-re nicht fasziniert, sondern auch schwach ist.
Liebe bedeutet also kein sentimentales Gefühl oder pflichtschuldiges Werkeln, sondern ist ein dynamisches Vermögen, das Leben beziehungsfreundlich, friedvoll und förderlich gestalten will.
Ist Lieben eine Kunst? – 
„Kunst kommt von Können, käme sie von wollen, hieße es Wullst.“ Wenn es aber eine Kunst ist, dann ist verlangt, dass man Bescheid weiß, worum es geht und keine Mühe scheut, sich darin zu üben. 
Erich Fromms lesenswertes Büchlein: „Die Kunst des Liebens“ nahm ich nach Jahrzehnten mal wieder zur Hand: 
Wunderschön umschreibt schon im Vor-wort ein Zitat von Paracelsus, wie sich Liebe nicht konservieren lässt, sondern in den Lebensphasen sich wandelt und reift: 
„Je mehr Erkenntnis einem Ding inne-wohnt, desto größer ist die Liebe... Wer meint, dass alle Früchte zugleich mit den Erdbeeren reif werden, versteht nichts von den Trauben.“
Wie bei der Traubenernte gibt es bei der Liebe eine Spätlese, die anders schmeckt, und zugleich gehaltvoller sein kann.
Fromm beschreibt, wie Liebe nicht bloß ein Gefühl ist, das einen zufällig überwältigt und dem man sich ohne Rücksicht auf den Grad der eigenen Reife einfach hinzugeben braucht. Liebe heißt, aktiv die ganze eigene Persönlichkeit zu entwickeln und so kreativ und produktiv zu werden.
Das erste Missverständnis mancher ist, zu meinen, das Problem der Liebe bestehe in erster Linie herauszufinden, wie sie selbst geliebt werden, anstatt selber zu lieben und lieben zu können. So geht es für sie nur darum, wie man es erreicht, liebenswert zu erscheinen und beliebt zu werden. Und welche Vorzüge man von sich ins Schaufenster zu stellen hat, um attraktiv zu wirken.
Der zweite Irrtum ist, zu meinen, dass man lediglich das passende „Objekt“ als Gegenüber, den richtigen Partner irgend-wo finden müsse, und dann ginge alles von selbst.
Der dritte Irrtum, zu meinen, Lieben müs-se nicht gelernt werden, beruht darauf, dass man das Anfangserlebnis „sich zu verlieben“ mit dem bleibenden Dauerzustand selber zu lieben verwechselt, dass dieses euphorische Glücksgefühl immer so sein muss. Liebe ist eine Aktivität und kein passiver Affekt, ist tätige soziale Kreativität, kein passives Abwarten, ob was pas-siert. Liebe ist eine fähige Haltung, die man in sich entwickelt und nicht etwas, dem man zufällig verfällt. Eine Charakterorientie-rung, die alle meine Beziehungen zur Mitwelt bestimmt. Ein Geben, indem die eigene Lebendigkeit zum Ausdruck kommt. Nicht der ist reich, der viel hat und für sich behält, sondern der ohne Mangelgefühl viel gibt, was andere bereichern kann. Liebe ist Fürsorge: die tätige Sorge für das Leben, damit wächst, was wir lieben. Zu jeder Kunst gehört es, dass man die dazu nötige Disziplin, Konzentration und Geduld praktisch üben muss ...     (P.R.)